Pfarrer Patrick Prähler

Patrick Prähler, am 1. Juni 1987 in Gelnhausen geboren, machte zunächst eine Ausbildung zum Justizfachangestellten und studierte Sozialrecht. Nach dem Vordiplom führte ihn sein Weg jedoch ins Priesterseminar. 

Nach dem Theologiestudium in Fulda und München war er Diakon in Fritzlar (2015/2016) und bis 2018 Kaplan in Flieden. Seitdem wirkte er in Hanau als Kaplan in der Stadtpfarrei und St. Josef. Anfang 2020 wurde er zusätzlich Pfarradministrator die Pfarrei Heilig Geist in Hanau-Lamboy und absolvierte sein Pfarrexamen. Nach der Erkrankung von Stadtpfarrer Dirk Krenzer übernahm er zusätzlich ab August 2020 auch die Pfarreien Mariae Namen und St. Josef.


In der Pfarrei Sankt Klara und Franziskus ist er nun als mitarbeitender Priester tätig. Er schätzt an seinem Dienst den Umgang mit Menschen unterschiedlichen Alters und liebt es, den Glauben gemeinsam zu leben. Sein Motto: „Glaube macht stark!“

Pfarrer Patrick Prähler
Pfarrer Patrick Prähler

Predigt von Pfarrer Prähler zum Thema Josef - die Kunst des Träumens

Es war nur ein Traum, doch es war eine Pracht!
Ich glaubte in mondscheinsilberner Nacht
Auf schwellendem Rasen zu liegen.
Ein glänzendes Schloss erhob sich kühn
Und ich sah aus dem Fenster efeugrün
Ein Märchenkind lauschend sich biegen.

Ein Mädchengesicht, so lieb, so traut,
Wie ich es nimmer zuvor geschaut.

Gleich flüssigem Golde erglänzte ihr Haar
Und ich las in dem dunklen Augenpaar
Ein wehmütig banges Erwarten.
Ein leiser Wind erquickte die Luft
Und trug einen süßen, berauschenden Duft
Vom Holunderbusch durch den Garten.

Dort saß an des Springbrunns Sprudelquell
Geigend ein müder Wandergesell.

Und als dann – und das war so schön in dem Traum –
Eine Nachtigall hoch im Lindenbaum
Mit einstimmte in seine Lieder
Und schluchzend sang, wie von Schmerz und Lust,
Da war es, als fiele auf meine Brust
Das Glück wie ein Morgentau nieder.

Die alten Linden seufzten im Wind.
Im Schlosse weinte das Märchenkind.

Da flog aus dem Schatten gespenstig vom Dach
Eine Fledermaus auf. Da wurde ich wach
Und alles war plötzlich verschwunden.

Ödes Erwachen. Wie leerer Schaum
Zerronnen war alles, was ich im Traum
So selig geschaut und empfunden.

Doch wie ein Trost kams über mich dann:
O glücklich, wer noch so träumen kann!

Ein kleiner Einstieg in meine Predigt, ein Gedicht des Poeten Joachim Ringelnatz, liebe Schwestern und Brüder. Es trägt den Titel „Ein Traum“. Und genau darum geht es heute: um Träume, um Traumwelten, um einen Menschen, der eigentlich nur fürs Träumen bekannt ist, den heiligen Josef. Wir kennen ihn alle, wissen aber eigentlich nicht viel von ihm. Er taucht in der Kindheitsgeschichte von Jesus auf, steht an der Krippe wie ein Zinnsoldat, reist mit Jesus durchs Land und verschwindet dann sang- und klanglos von der Bildfläche und zwar – und das finde ich sehr bemerkenswert – ohne jemals ein Wort gesagt zu haben, dass uns überliefert wurde. Josef erfüllt das typische Männerklischee – die sagen eben nicht so viel und reden nicht so gerne über ihre Gefühle. Aber unterschätzen wir diesen schweigsamen Gesellen nicht, liebe Schwestern und Brüder. Josef glänzt anders, er glänzt durch Taten. Und diesen Taten haben wir zu verdanken, dass wir heute hier stehen dürfen, dass wir unseren Glauben feiern können. Und all das, all seine Taten haben ihren Ursprung in Träumereien: Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann, um es mit Ringelnatz zu sagen. Josef sagt nichts und lehrt uns doch: Er lehrt uns in der Kunst zu träumen. Und zwar so zu träumen, dass es das Leben, ja sogar die Welt verändern kann. Aus seinen Träumen wird Realität. Darauf wollen wir einen Blick werfen. Am Anfang des Matthäusevangeliums hören wir von drei Träumen, des großen Träumers Josef.
Den ersten Traum könnte man vielleicht als Albtraum bezeichnen, zumindest begann er so. Josef ist der Betrogene, seine Frau Maria ist schwanger und ihm ist klar, dass das Kind nicht von ihm sein kann. Er will sich trennen. Das würde für Maria und auch Jesus den Tod bedeuten, wenn er das öffentlich machen würde. Er will sich in aller Stille von ihr lösen, so kann sie wenigstens in einer anderen Stadt mit Jesus neu anfangen. Aber für ihn gibt es keine andere Variante: Josef will das beenden. Leid kann er einem tun, der arme Kerl! Es ist ihm nicht zu verdenken, dass er sich in seinen Traum flüchtet, wo vielleicht alles anders, schöner ist. Doch im Traum kommt die Botschaft: Fürchte Dich nicht, Maria zu Dir zu nehmen. Und er lässt diesem Traum Taten folgen. Er will nicht mehr flüchten. Er bleibt Maria treu und verändert die Welt mit dieser Entscheidung. Treu sein! Das ist auch ein großes Thema unserer Tage. Es ist leider oft keine Selbstverständlichkeit mehr, die Menschen sind weniger verbindlich. Vielleicht hat der eine oder die andere schon schmerzliche Erfahrungen machen müssen, im Berufs- oder Privatleben, wenn Versprechen nicht mehr eingehalten werden oder Treueschwüre in Vergessenheit geraten. Hier merken wir, wie wichtig Treue ist. Lassen wir uns von Josef anfragen. Wie steht es denn mit unserer Treue zu unseren Aussagen und Versprechungen, die wir anderen gegenüber gemacht haben. Menschen, mit denen wir unser Leben bestreiten: unseren Partnern, Freunden, Familien, Kollegen? Wie schaut es aus mit der Treue Gott gegenüber? Treue kann Beziehung stiften. Beziehung die wir brauchen, weil sie uns trägt und hält – besonders in dieser schnelllebigen Welt. Treu sein lohnt sich, wie uns Josef vorgelebt hat. Der Traum von Flucht, wurde zum Traum der Treue, der die Welt veränderte. Gott sei Dank hat Josef geträumt.
Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann!

Der zweite Traum, liebe Schwestern und Brüder, ist der Traum den Josef hatte, als Herodes mordend durch die Lande zog: Geh und bring Maria und Jesus in Sicherheit. Zieh weiter, denn Gefahr liegt in der Luft! Josef lässt seinem Traum wieder Taten folgen und reagiert ganz besonnen. Er nimmt am nächsten Morgen seine Maria an die Hand und geht mutig in ein ganz anderes Land und zieht nach Ägypten. Er weiß, alles wird anders. Vielleicht kann er seinen Beruf nicht mehr ausüben oder er muss es ganz anders tun - wer weiß schon wie ägyptische Dachkonstruktionen gehen? Die Sprache wird für das Kind und die Familie ganz fremd sein, aber nach jener Nacht und nach seinem zweiten Traum, sagt der mutige Josef: „Schatz, wir machen das jetzt ganz anders.“ Und da können wir nur sagen: Ach Josef, gib doch Deinen Mut über die Jahrhunderte herüber in unsere Tage! Wie oft träumen wir davon, dass alles anders wird, in unserem Land, in unseren Gemeinden, in unserem Leben, so viele Perspektiven und Möglichkeiten. Sind wir ehrlich, da wird der ein oder anderer Traum in unseren Köpfen schlummern. Und was passiert? Werden die Träume Realität? Meistens nicht. Warum? Nicht weil es nicht gehen würde, sondern weil wir zu bequem sind, es zu aufwendig scheint, wir Angst haben vor dem Neuen. Das Ergebnis: Alles bleibt so wie’s ist. Ausgeträumt, der Traum von Veränderung. Schade, es hätte so schön werden können und vielleicht war ja genau der Traum, die Botschaft Gottes an uns Menschen – eben wie bei Josef. Also seien wir mutig, liebe Schwestern und Brüder! Lassen wir uns von diesem Träumer inspirieren! Seien wir keine Tagträumer, die ihr Ziel nie erreichen, sondern versuchen wir immer Aufbruchsträumer zu sein, die die Welt verändern.
Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann!

Josef ruft uns auf zur Treue und macht uns Mut, Träume zu verwirklichen. Das ginge aber nicht, wenn wir uns nicht auf eine dritte Sache einlassen würden. Und wie sollte es anders sein, auch das macht uns Josef mit einem Traum deutlich. Josef ist noch immer in Ägypten, denen scheints da inzwischen nicht schlecht ergangen zu sein, vielleicht sind ägyptische Satteldächer doch nicht so anders als israelische und vielleicht ist Krabbeln mit ägyptischen Nachbarbabys doch auch OK. Aber Josef träumt ein drittes Mal: er spürt die Sehnsucht nach Ursprung, er will zurück an den Ort, an dem er zum ersten Mal mit Gott in Berührung kam. Auf nach Nazareth! Die Sehnsucht nach Ursprung treibt ihn um. Haben wir auch diese Sehnsucht in uns? Die Sehnsucht nach unserem Ursprung? Ich meine damit nicht das Elternhaus aus dem wir kommen oder die Stadt in der wir aufgewachsen sind. Ich meine einen anderen Ursprung, einen der tiefer geht. Die Sehnsucht nach Gott. Sind wir uns bewusst, dass er unser Ursprung ist, dass unser Leben aus Gott kommt? Sind wir uns bewusst, dass es all unser Dasein, all unser Wirken ohne Gott nicht gäbe?
Josef ruft zur Treue, Josef ruft auf mutig zu sein, aber alles nur mit Gott. Mit ihm, von dem alles kommt, durch den wir sind. All unser Träumen, wäre nichts ohne ihn. Also fragen wir uns in diesen Tagen: Wo hat Gott einen Platz in meinem Leben? Ist er Ursprung, Mittelpunkt und Ziel meiner Träume – ansonsten werden aus den Träumen wirklich nur Schäume, wie ein altes Sprichwort sagt.

Liebe Schwestern und Brüder, der Träumer Josef. Kein Wort gesagt und doch viel zu sagen. Sind wir treu, sind wir mutig und alles in und mit Gottes Beistand. Und das Wichtigste: Vergessen wir das Träumen nicht, denn:
Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann!