Josefs-Kolumne in der Karwoche

Jeden Tag in dieser Heiligen Woche veröffentlichen wir für Sie als Kolumne eine Predigt der vergangenen Fastenpredigten zum Nachlesen oder zum erstmaligen Lesen.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lesezeit!

Josefs-Predigten
Josefs-Predigten

Josef, ein Vater, ohne Vater zu sein.

eine Predigt von Pater Daniel Müssle ofm


Schwestern und Brüder, Geschwister im Glauben!
Josef, ein Vater, ohne ein Vater zu sein.
Zugegeben - eine eher verwirrende, in sich widersprüchlich klingende Formulierung. Was soll das heißen? Dass Josef nicht der leibliche, der biologische Vater von Jesus ist, das ist unsere überlieferte Glaubenstradition. Inwiefern ist er dennoch ein Vater für diesen Jesus? Das möchte ich mit Ihnen erörtern. Denn für die Menschen in Nazareth galt Jesus als Sohn von Maria und Josef. Denn dort haben sie fast drei Jahrzehnte als Familie zusammengelebt. In dieser Familie ist er aufgewachsen. Das heißt aber auch: Diese Familie, diese Eltern haben ihn geprägt, seine Entwicklung beeinflusst, so wie wir alle von unseren Familien und unserer Umgebung geprägt und beeinflusst worden sind. Wir alle wissen, wie wichtig, wie grundlegend gute, gelingende Beziehungen in der Familie, überhaupt in der Erziehung für ein gesundes Wachsen und Reifen zu einer selbstbewussten, menschlichen Persönlichkeit ist. Wir sind alle geworden, so wie wir sind. Und das ist bei Jesus, dem menschgewordenen Gottessohn nicht anders gewesen.
Wie waren die Beziehungen in dieser Familie? Welchen Einfluss hat Josef auf diesen Jesus ausgeübt? Wie hat er seine Vaterrolle gelebt? Welches Vaterbild hat Jesus erlebt und mitgenommen?
Auch für Josef gilt: „Als Vater wird man nicht geboren. Vater wird man, aber nicht einfach dadurch, dass man ein Kind in die Welt setzt, sondern dadurch, dass man sich verantwortungsvoll um es kümmert.“ So hat Papst Franziskus formuliert, als er am 08. Dezember 2020 das Jahr 2021 zum Jahr des heiligen Josef ausrief.
Wie hat Josef seine Vaterrolle gelebt? Welche Lernprozesse hat er durchgemacht? Wie hat sich das auf Jesus ausgewirkt?
Einen zentralen Lernprozess für Josef hat das Evangelium des Matthäus festgehalten, (das wir eben gehört haben).
Sicher war es für ihn eine Katastrophe, als ihm seine Verlobte eröffnete, dass sie schwanger ist. Dass das Kind nicht von ihm sein konnte, war ihm klar. War damit seine Beziehung zu Maria, mit der er ja leben und alt werden wollte, war diese Beziehung damit zu Ende, bevor sie richtig begonnen hatte? Sollte er sie des Ehebruchs anzeigen? Die mögliche Strafe der Steinigung konnte ihren wie auch den Tod ihres Kindes bedeuten. Sollte er sie heimlich entlassen? Beide Möglichkeiten bot ihm das jüdische Gesetz. Oder sollte er Maria vertrauen, sich zu ihr bekennen, sie zu sich nehmen? Er entschied sich für Letzteres –weil er gerecht war, weil ihm die Gerechtigkeit des Gesetzes kalt, hartherzig, unbarmherzig erschien und Maria nicht gerecht wurde. Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit, das entsprach nicht seinem Verständnis und so folgte er der Stimme seines Herzens. Im Grunde hat Jesus später auch nach diesem Maßstab gelebt und gehandelt. Nicht zu richten – sondern aufzurichten – eine neue Chance geben – Das kennzeichnete sein Handeln.
Josef lässt es also nicht zum Bruch der Beziehung kommen, sondern nimmt Maria mit ihrem Kind zu sich, unterstützt die werdende Mutter und ihr Kind, übernimmt Verantwortung, gerade auch bei der Geburt. Diese verantwortungsbewusste Partnerschaft sichert Maria und Jesus den Lebensraum, die Geborgenheit und Sicherheit, die das Kind brauchte, um in der Erfahrung von Liebe und Angenommensein ein Urvertrauen in das Leben zu entwickeln, das auch die Basis für einen ersten Glauben an den Sinn des Lebens und der Liebe ist.
Sicherheit, Geborgenheit, Fürsorge, das erlebt Jesus auch, als Herodes ihm nach dem Leben trachtete. Josef hatte sich entschlossen, Maria und das Kind auf den Esel zu packen und nach Ägypten zu fliehen, dort als Flüchtling zu leben und so jedenfalls dem kleinen Jesus das Leben zu retten. Um in der Fremde zu überleben, den Lebensunterhalt und Schutz zu finden, das erforderte Mut und Tatkraft. Offensichtlich ist Josef das gelungen; so wie er nach dem Tod des Herodes wieder nach Nazareth heimkehrt und mit seiner Hände Arbeit als Bauhandwerker der Familie ein Auskommen verschafft, das den Lebensunterhalt sichert. Hier erlebte Jesus Josef wirklich als verantwortlichen Nähr- und Ziehvater, als Hüter und Kümmerer der Familie.
Und weil im Judentum der Vater auch für die religiöse Erziehung zuständig ist, wird er ihn wohl auch am Shabbat in die Synagoge mitgenommen haben. Von ihm wird er dann auch das jüdische Glaubensbekenntnis gelernt haben, überhaupt das Lesen in der Bibel und das Beten der Psalmen. Anzunehmen ist auch, dass Jesus bei seinem Vater in die Lehre gegangen ist und das Bauhandwerk gelernt und darin gearbeitet hat.
So betrachtet ist Josef alles andere als eine Randfigur im Leben Jesu gewesen, auch wenn er kein Mann großer Worte war. Er war ein Mann der Tat, ein Hüter, Mutmacher, ein Kümmerer, ein Versorger, ein Lebensretter, ein Beschützer voller Gottvertrauen, einer, der anpackt, ohne viel Aufhebens zu machen. Er war da, wo er gebraucht wurde, er hat bereitgestellt, was ein Kind zum Aufwachsen braucht: Ein Zuhause, Sicherheit, ihm Raum lassen, loslassen, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit zu lernen. Von Josef konnte Jesus auch lernen, wie man an wichtigen Lebenskreuzungen mutige Entscheidungen treffen kann.
Wenn Josef auch nicht der biologische Vater von Jesus ist, so übernimmt er dennoch treu, zuverlässig und liebevoll die Rolle des sozialen Vaters für Jesus. Und er tut das offensichtlich so gut, dass Jesus als Erwachsener Gott als einen Vater begreift, der gerecht, barmherzig und liebevoll ist, der sich um seine Kinder sorgt, sie liebevoll in den Arm nimmt. Vielleicht hat das Beispiel, das konkret erlebte Bild des heiligen Josef Pate gestanden für das Gleichnis vom barmherzigen Vater, der seinem Sohn mit offenen Armen entgegengeht und ihn liebevoll heimholt.
Lassen Sie mich das zusammenfassen mit Zeilen von Angela Boog:
Weggefährte
Josef-
Weggefährte in schwieriger Zeit
besonnen, verlässlich, rechtschaffen
in Wort und Tat fest verwurzelt
im Glauben deiner Väter
Treu und liebevoll
verletzlich und empfindsam
offen für Gottes Zuspruch und Auftrag
In deinen Händen kann wachsen und werden
was Mensch werden will
Uns zur Seite
Heimat und Hort
für Gottes Liebe

Angela Boog

aus: Laacher Messbuch 2021, S. 270

Ja, Heimat und Hort zu sein für Gottes Liebe, wie sehr brauchen das die Menschen von uns, besonders die Kinder, aber auch die Partner, um so selber Menschwerden zu können wie Jesus.
Amen

Josef der Arbeiter (Christsein und Arbeit) -  eine Predigt von Pfarrer Christian Sack

Liebe Schwestern und Brüder,


am 8. Dezember rief Papst Franziskus das Jahr 2021 zum Jahr des hl. Josef aus. Deshalb wollen die Priester unserer Pfarrei aus verschiedenen Blickwinkeln auf den heiligen Josef schauen. Mein Blickwinkel ist: Josef der Arbeiter. In unserer Pfarrei gibt es auch eine Kirche mit dem Namen „Josef der Arbeiter“. Übrigens, keine Kirche, die so heißt, ist älter als ich, denn dieser Titel – und der damit verbundene Gedenktag am 1. Mai – ist erst im Jahr 1955 durch Papst Pius XII feierlich eingeführt worden.
Das offizielle Anliegen war, die menschliche Arbeit zu würdigen und die mit ihren Händen arbeitenden Menschen zu ehren. Das inoffizielle Anliegen war, die katholischen Arbeiter mit Hilfe des hl. Josef davon abzuhalten, von der Kirche zu den Kommunisten überzulaufen. Deshalb ist das Fest bewusst auf den schon fest etablierten Arbeiterkampftag, den 1. Mai gelegt worden.


Josef, der Ziehvater Jesu, hat mit seiner Hände Arbeit den Familienunterhalt bestritten, so wie es unzählige Menschen auch tun. Aber so wie heute war früher Arbeit nicht. Vor 150 Jahren spielte sich das normale Leben in der Landwirtschaft ab, eingebettet in die Natur und abhängig von den Tages- und Jahreszeiten. Mitte des 19. Jahrhunderts kam dann die Industrialisierung. Seitdem wurde der Rhythmus des Lebens nicht mehr von der Schöpfung geprägt, sondern vom Takt der Maschinen. Die Maschinen waren schnell und brauchten deshalb eine große Anzahl von Menschen, die sie bedienten, ja, bedienten. Vor der Industrialisierung hatten die Menschen Werkzeuge, die sie benutzten und die ihnen bei der Arbeit gute Dienste erwiesen. Mit den Maschinen wurde das Verhältnis umgekehrt: Nicht die Menschen stellten jetzt etwas her, sondern die Maschinen, und die Menschen, die einstige Krone der Schöpfung, wurden zu Bediensteten, die eine Maschine aus kaltem Stahl bedienen mussten. Was für ein Abstieg, was für eine Demütigung! Die Menschen fühlten sich ihrer Würde beraubt, ihrer Freiheit, ihres Grunds und Bodens und ihrer Gesundheit.
Das ganze soziale Gefüge wurde in einer bisher nicht gekannten Weise umgekrempelt. Weil Menschen zu den Orten ziehen mussten, wo die Fabriken standen, wurden die Familienverbände auseinandergerissen. Es entstand als neue Gesellschaftsform die Kleinfamilie: Vater, Mutter, Kinder. Keine Großeltern, keine Geschwister, Onkel oder Tanten, die sich gegenseitig stützen konnten. Man war auf sich allein gestellt und versuchte zu überleben in kleinen Behausungen und mit kargem Lohn.
Not und Einsamkeit führten zu neuen Kontaktformen. An die Stelle der Großfamilie trat die Solidargemeinschaft der Arbeiterschaft. Auf katholischer Ebene entstanden Josefsvereine, wo man sich unter dem Schutz des Heiligen traf, austauschte, gegenseitig half und miteinander feierte. Bei der schweren Arbeit in den muffigen Fabrikhallen dachte man an den hl. Josef: er, der Arbeiter, einer von uns. Durch Josef fühlte man sich ein wenig dem Himmel näher und nicht ganz vergessen. Die Arbeit des frühen Industriezeitalters war entwürdigend, aber der hl. Josef gab den Arbeitern ein Stück dieser Würde wieder zurück.
Allmählich änderte sich die Arbeitssituation zugunsten der Arbeiterschaft. Die Arbeiter schlossen sich zusammen und erkämpften sich Rechte, ausreichenden Lohn, Arbeitssicherheit und Freizeit. Es gab Raum, in dem man sich wieder auf seine Würde besinnen und über den Wert der Arbeit nachdenken konnte. So rückte nicht nur der hl. Josef, sondern Gott selbst, der Schöpfer, der Kreator, in der Fokus des Nachdenkens. Wenn Arbeit kreativ, schöpferisch ist, dann ist gute Arbeit Teilhabe am Schöpfungswerk Gottes.
Tatsächlich wird uns Gott ganz am Anfang der Bibel als Arbeiter vorgestellt. Gott schafft. Gott arbeitet bei der Erschaffung der Welt; so hart, dass er einen ganzen Tag braucht, um sich von dieser Arbeit auszuruhen. „Am siebten Tag ruhte Gott“ heißt es.
Die Welt unserer Tage ist wiederum anders geprägt als vor 150 Jahren. Die Knochenarbeit von früher erledigen heute meist Roboter und Computer. Im Vordergrund steht nicht mehr das Bedienen von Maschinen, sondern das Beherrschen von Produktions- und Dienstleistungssystemen. Dabei bedroht eine neue Art von Gefahr das Menschsein: nämlich nicht mehr die Erniedrigung, sondern die Selbstüberschätzung. Die moderne Technik verleitet zu Allmachtgefühlen. Dadurch verliert man den Boden unter den Füßen, vergisst, dass man nur Mensch ist, hebt ab und landet dann hart auf dem Boden der Realität. Die scheinbare Beherrschung der Systeme entpuppt sich dann schnell als totaler Gehorsam und Ausgeliefertsein an Logarithmen und Prozesse. Auch das ist menschenunwürdig.
Was ist nun menschenwürdige Arbeit? Allgemein gesagt: Arbeit wird menschenwürdig, wenn wir
a) auf Gott hören und
b) die Mitmenschen achten. So wie es im Doppelgebot der Liebe heißt.
Im Besonderen wird Arbeit menschenwürdig, wenn wir sie nicht als Ausnahmesituation betrachten, sondern als wesentlichen Bestandteil unseres Lebens. Vor einigen Jahren sprach man viel von work-life-balance, auf Deutsch: ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeit und Leben. Inzwischen hat man im Management gemerkt, dass das Unsinn ist. Man kann nicht entweder leben oder arbeiten. Deshalb spricht man heute eher von work-life-integration, was heißt: Arbeiten und leben geht in eins. Dieser Begriff der Integration kommt der menschenwürdigen Arbeit schon nahe. Allerdings muss man dabei beachten, dass Arbeit mehr ist als Erwerbsarbeit. Es wäre furchtbar, wenn wir bei allem, was wir tun, fragen würden: „Was krieg ich dafür?“
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung KAB, die übrigens aus den Josefsvereinen entstanden ist, spricht deshalb von einer Triade der Arbeit und stellt dabei die drei Bereiche: Erwerbsarbeit, Arbeit im privaten Rahmen und ehrenamtliche Arbeit gleichberechtigt nebeneinander. Anders gesagt: Familie, Verein, Job, all das ist Arbeit. All das ist Leben. All das ist Kreativität und Teilhabe am Schöpfungswerk Gottes.
Ich denke, der hl. Josef würde das genauso sehen, denn er hat auf Gott gehört und danach gehandelt. Er hat auf die ihm anvertrauten Menschen geachtet und gesorgt, dass es ihnen gut geht. Dies tat er in Beruf, Familie und Öffentlichkeit.

Josef - die Kunst des Träumens - eine Predigt von Pfarrer Patrick Prähler

Es war nur ein Traum, doch es war eine Pracht!Ich glaubte in mondscheinsilberner Nacht
Auf schwellendem Rasen zu liegen.
Ein glänzendes Schloss erhob sich kühn
Und ich sah aus dem Fenster efeugrün
Ein Märchenkind lauschend sich biegen.


Ein Mädchengesicht, so lieb, so traut,
Wie ich es nimmer zuvor geschaut.


Gleich flüssigem Golde erglänzte ihr Haar
Und ich las in dem dunklen Augenpaar
Ein wehmütig banges Erwarten.
Ein leiser Wind erquickte die Luft
Und trug einen süßen, berauschenden Duft
Vom Holunderbusch durch den Garten.


Dort saß an des Springbrunns Sprudelquell
Geigend ein müder Wandergesell.


Und als dann – und das war so schön in dem Traum –
Eine Nachtigall hoch im Lindenbaum
Mit einstimmte in seine Lieder
Und schluchzend sang, wie von Schmerz und Lust,
Da war es, als fiele auf meine Brust
Das Glück wie ein Morgentau nieder.


Die alten Linden seufzten im Wind.
Im Schlosse weinte das Märchenkind.


Da flog aus dem Schatten gespenstig vom Dach
Eine Fledermaus auf. Da wurde ich wach
Und alles war plötzlich verschwunden.


Ödes Erwachen. Wie leerer Schaum
Zerronnen war alles, was ich im Traum
So selig geschaut und empfunden.


Doch wie ein Trost kams über mich dann:
O glücklich, wer noch so träumen kann!


Ein kleiner Einstieg in meine Predigt, ein Gedicht des Poeten Joachim Ringelnatz, liebe Schwestern und Brüder. Es trägt den Titel „Ein Traum“. Und genau darum geht es heute: um Träume, um Traumwelten, um einen Menschen, der eigentlich nur fürs Träumen bekannt ist, den heiligen Josef. Wir kennen ihn alle, wissen aber eigentlich nicht viel von ihm. Er taucht in der Kindheitsgeschichte von Jesus auf, steht an der Krippe wie ein Zinnsoldat, reist mit Jesus durchs Land und verschwindet dann sang- und klanglos von der Bildfläche und zwar – und das finde ich sehr bemerkenswert – ohne jemals ein Wort gesagt zu haben, dass uns überliefert wurde. Josef erfüllt das typische Männerklischee – die sagen eben nicht so viel und reden nicht so gerne über ihre Gefühle. Aber unterschätzen wir diesen schweigsamen Gesellen nicht, liebe Schwestern und Brüder. Josef glänzt anders, er glänzt durch Taten. Und diesen Taten haben wir zu verdanken, dass wir heute hier stehen dürfen, dass wir unseren Glauben feiern können. Und all das, all seine Taten haben ihren Ursprung in Träumereien: Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann, um es mit Ringelnatz zu sagen. Josef sagt nichts und lehrt uns doch: Er lehrt uns in der Kunst zu träumen. Und zwar so zu träumen, dass es das Leben, ja sogar die Welt verändern kann. Aus seinen Träumen wird Realität. Darauf wollen wir einen Blick werfen. Am Anfang des Matthäusevangeliums hören wir von drei Träumen, des großen Träumers Josef.
Den ersten Traum könnte man vielleicht als Albtraum bezeichnen, zumindest begann er so. Josef ist der Betrogene, seine Frau Maria ist schwanger und ihm ist klar, dass das Kind nicht von ihm sein kann. Er will sich trennen. Das würde für Maria und auch Jesus den Tod bedeuten, wenn er das öffentlich machen würde. Er will sich in aller Stille von ihr lösen, so kann sie wenigstens in einer anderen Stadt mit Jesus neu anfangen. Aber für ihn gibt es keine andere Variante: Josef will das beenden. Leid kann er einem tun, der arme Kerl! Es ist ihm nicht zu verdenken, dass er sich in seinen Traum flüchtet, wo vielleicht alles anders, schöner ist. Doch im Traum kommt die Botschaft: Fürchte Dich nicht, Maria zu Dir zu nehmen. Und er lässt diesem Traum Taten folgen. Er will nicht mehr flüchten. Er bleibt Maria treu und verändert die Welt mit dieser Entscheidung. Treu sein! Das ist auch ein großes Thema unserer Tage. Es ist leider oft keine Selbstverständlichkeit mehr, die Menschen sind weniger verbindlich. Vielleicht hat der eine oder die andere schon schmerzliche Erfahrungen machen müssen, im Berufs- oder Privatleben, wenn Versprechen nicht mehr eingehalten werden oder Treueschwüre in Vergessenheit geraten. Hier merken wir, wie wichtig Treue ist. Lassen wir uns von Josef anfragen. Wie steht es denn mit unserer Treue zu unseren Aussagen und Versprechungen, die wir anderen gegenüber gemacht haben. Menschen, mit denen wir unser Leben bestreiten: unseren Partnern, Freunden, Familien, Kollegen? Wie schaut es aus mit der Treue Gott gegenüber? Treue kann Beziehung stiften. Beziehung die wir brauchen, weil sie uns trägt und hält – besonders in dieser schnelllebigen Welt. Treu sein lohnt sich, wie uns Josef vorgelebt hat. Der Traum von Flucht, wurde zum Traum der Treue, der die Welt veränderte. Gott sei Dank hat Josef geträumt.
Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann!


Der zweite Traum, liebe Schwestern und Brüder, ist der Traum den Josef hatte, als Herodes mordend durch die Lande zog: Geh und bring Maria und Jesus in Sicherheit. Zieh weiter, denn Gefahr liegt in der Luft! Josef lässt seinem Traum wieder Taten folgen und reagiert ganz besonnen. Er nimmt am nächsten Morgen seine Maria an die Hand und geht mutig in ein ganz anderes Land und zieht nach Ägypten. Er weiß, alles wird anders. Vielleicht kann er seinen Beruf nicht mehr ausüben oder er muss es ganz anders tun - wer weiß schon wie ägyptische Dachkonstruktionen gehen? Die Sprache wird für das Kind und die Familie ganz fremd sein, aber nach jener Nacht und nach seinem zweiten Traum, sagt der mutige Josef: „Schatz, wir machen das jetzt ganz anders.“ Und da können wir nur sagen: Ach Josef, gib doch Deinen Mut über die Jahrhunderte herüber in unsere Tage! Wie oft träumen wir davon, dass alles anders wird, in unserem Land, in unseren Gemeinden, in unserem Leben, so viele Perspektiven und Möglichkeiten. Sind wir ehrlich, da wird der ein oder anderer Traum in unseren Köpfen schlummern. Und was passiert? Werden die Träume Realität? Meistens nicht. Warum? Nicht weil es nicht gehen würde, sondern weil wir zu bequem sind, es zu aufwendig scheint, wir Angst haben vor dem Neuen. Das Ergebnis: Alles bleibt so wie’s ist. Ausgeträumt, der Traum von Veränderung. Schade, es hätte so schön werden können und vielleicht war ja genau der Traum, die Botschaft Gottes an uns Menschen – eben wie bei Josef. Also seien wir mutig, liebe Schwestern und Brüder! Lassen wir uns von diesem Träumer inspirieren! Seien wir keine Tagträumer, die ihr Ziel nie erreichen, sondern versuchen wir immer Aufbruchsträumer zu sein, die die Welt verändern.
Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann!


Josef ruft uns auf zur Treue und macht uns Mut, Träume zu verwirklichen. Das ginge aber nicht, wenn wir uns nicht auf eine dritte Sache einlassen würden. Und wie sollte es anders sein, auch das macht uns Josef mit einem Traum deutlich. Josef ist noch immer in Ägypten, denen scheints da inzwischen nicht schlecht ergangen zu sein, vielleicht sind ägyptische Satteldächer doch nicht so anders als israelische und vielleicht ist Krabbeln mit ägyptischen Nachbarbabys doch auch OK. Aber Josef träumt ein drittes Mal: er spürt die Sehnsucht nach Ursprung, er will zurück an den Ort, an dem er zum ersten Mal mit Gott in Berührung kam. Auf nach Nazareth! Die Sehnsucht nach Ursprung treibt ihn um. Haben wir auch diese Sehnsucht in uns? Die Sehnsucht nach unserem Ursprung? Ich meine damit nicht das Elternhaus aus dem wir kommen oder die Stadt in der wir aufgewachsen sind. Ich meine einen anderen Ursprung, einen der tiefer geht. Die Sehnsucht nach Gott. Sind wir uns bewusst, dass er unser Ursprung ist, dass unser Leben aus Gott kommt? Sind wir uns bewusst, dass es all unser Dasein, all unser Wirken ohne Gott nicht gäbe?
Josef ruft zur Treue, Josef ruft auf mutig zu sein, aber alles nur mit Gott. Mit ihm, von dem alles kommt, durch den wir sind. All unser Träumen, wäre nichts ohne ihn. Also fragen wir uns in diesen Tagen: Wo hat Gott einen Platz in meinem Leben? Ist er Ursprung, Mittelpunkt und Ziel meiner Träume – ansonsten werden aus den Träumen wirklich nur Schäume, wie ein altes Sprichwort sagt.


Liebe Schwestern und Brüder, der Träumer Josef. Kein Wort gesagt und doch viel zu sagen. Sind wir treu, sind wir mutig und alles in und mit Gottes Beistand. Und das Wichtigste: Vergessen wir das Träumen nicht, denn:
Doch wie ein Trost kams über mich dann: O glücklich, wer noch so träumen kann!

Josef - Fluch(t) und Segen eine Predigt von Pfarrer Manuel Stickel

Josef gehört für mich zu den Heiligen, von denen ich eine recht konkrete Vorstellung habe. Sie ist geprägt durch Bilder und Figuren, die ich in meiner Kindheit gesehen habe. Josef, ein stattlicher Mann, der sich wohl gern im Hintergrund aufhält, sich aber stets schützend vor die Heilige Familie stellt. Mal trägt er das Jesuskind auf dem Arm und hält eine Lilie in der anderen, mal steht er an der Krippe und beleuchtet die trostlose, einer Geburt unwürdige Szene mit einem kleinen und warmen Licht und gibt so ein Zeugnis von jenem Licht, dass er tief im Herzen trägt.

Mit dem biblischen Josef haben diese romantisierten Darstellungen freilich nicht viel zu tun. Vor allem der Evangelist Matthäus stellt uns einen Josef vor, der alles andere ist als stark und liebevoll. Matthäus nimmt uns in die Kindheitsgeschichte Jesu hinein an einem Punkt, wo die Lebens- und Liebesgeschichte Josefs und Marias sich entscheidend verändert. Die Einheitsübersetzung erklärt uns, dass es sich bereits zeigte, dass Maria ein Kind erwartete (Mt 1, 18). Uns wird dieses Geschehen gedeutet als Wirken des Heiligen Geistes. Wie mag das aber auf Josef gewirkt haben? Hat Maria mit ihm gesprochen über das, was da in ihr vor sich geht? Der Evangelist lässt diese Option offen. Was er uns aber erzählt, ist, dass Josef mit der Situation gründlich überfordert ist. Wahrscheinlich sind ihm die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf gegangen. Wer ist der Vater? Liebt Maria mich wirklich? Wie kann unser Leben jetzt weitergehen? Einfach verzeihen? Eine Auszeit nehmen? Beziehung beenden? Was werden die Leute über uns sagen? Wie stehe ich jetzt vor Gott da? Josef wirkt auf mich verzweifelt, beschämt, verunsichert, vielleicht auch wütend. Seine Lösung: Abhauen. Bei Nacht und Nebel. Er will nichts damit zu tun haben.


An dieser Stelle wird mir mancher Bibelwissenschaftler entgegenhalten, dass der Impuls, dem Josef zunächst folgen will, nicht unbedingt eine Flucht vor Verantwortung sein muss, sondern möglicherweise gerade das Gegenteil darstellt. Denn mit seiner Flucht ändert er zumindest gesellschaftlich das Schicksal von Mutter und Kind: Nunmehr sind sie nicht mehr die Ehebrecherin und ihr uneheliches Kind, sondern vielmehr die vom Ehemann sitzengelassene Kleinfamilie. Maria muss als vermeintliche Sünderin nicht um ihr Leben bangen: Durch seine Flucht wählt der „Gerechte“ den Weg der Barmherzigkeit, nimmt in Stille die Schuld auf sich und gewährt Maria einen Neustart. Was bleibt ist die Frage, wie diese drei nun vor Gott dastehen.


Doch hierauf gibt Gott selbst die Antwort. Des Nachts im Traum erscheint Josef ein Engel und lässt ihn ein erstes Mal teilhaben an Gottes Plan. Der Bote Gottes macht Josef Mut, bei Frau und Kind zu bleiben. Scheinbar braucht es die Erfahrung der Nacht, damit Josef die Stimme Gottes vernimmt. Sie ist die Zeit, in der all die verwirrenden Stimmen des Tages verstummen: die Erwartungen, die Menschen an ihn haben, die Pläne, die er zu verwirklichen suchte, die Eitelkeit, die ihn antreibt, bestimmte Rollen zu spielen und in einem bestimmten Lichte zu erscheinen. Im Judentum ist die Nacht die beste Zeit für das Thorastudium. In der Nacht führte Gott das Volk Israel aus der Sklaverei Ägyptens heraus und zeigte sich als der nahe Gott, der sich mit den Seinen auf den Weg macht. In dieser Tradition ist auch für uns Christen die Nacht eine heilige Zeit: In der Weih-Nacht macht Gott sich auf den Weg zu den Menschen und wird sichtbar Teil ihrer Welt, in der Oster-Nacht wird der Menschensohn aus dem Tode auferstehen, um den Menschen nun die Welt Gottes wieder neu und endgültig zu erschließen.


Im Grunde finde ich es nicht so entscheidend, ob Josef aus Verantwortungsbewusstsein oder doch aus Verzweiflung, Angst oder Scham die Flucht ergreifen wollte. Dass ein Bleiben möglich war, zeigt ja doch die Geschichte, nachdem Gott sich eingeschaltet hat. Viel entscheidender ist, dass Josef sich auf Gottes Intervention eingelassen hat und bei Frau und Kind geblieben ist. Und auch auf den zweiten Besuch des Engels lässt Josef sich ein und reagiert mit nahezu blindem Gehorsam: Weil Herodes dem Kind nach dem Leben trachtet, nimmt er seine Familie und flieht nach Ägypten. Nachdem Herodes dann gestorben ist, kommt der Engel ein drittes Mal zu Josef und berichtet ihm, er könne nun wieder zurückgehen, weil Herodes tot sei. Doch an dieser Stelle merkt man, dass sich bei Josef etwas verändert hat. Die Erfahrung der Flucht nach Ägypten scheint auch seinen Glauben verändert zu haben. Plötzlich gehorcht er nicht mehr blind dem Anruf Gottes. Auf dem Weg erkennt er, dass von Herodes´ Sohn Archelaus immer noch Gefahr ausgeht. In dieser Nacht nun erhält er den Befehl, nach Galiläa zu gehen. Den Engel scheint er an dieser Stelle nicht mehr als Übersetzer zu brauchen. Josef hat gelernt, seine Lebenssicht mit der Sicht Gottes zusammenzubringen. Sein Glaube ist erwachsen geworden. In Galiläa angekommen wird es still um Josef. Natürlich geht es dem Evangelisten jetzt um seinen Protagonisten Jesus. Vielleicht ist es aber auch der Tatsache geschuldet, dass wir über Josef ja nun das Entscheidende erfahren haben und er sich vielleicht auch ein Stück in den Alltag geflüchtet hat.


Der Evangelist Matthäus verfolgt mit seiner Kindheitsgeschichte ein bestimmtes Ziel. Er will einen Anschluss herstellen zur Heilsgeschichte, die Gott im Alten Testament mit dem Volk Israel geschrieben hat. Der Kindermord, den Matthäus aus der Mose-Erzählung aufgreift und auf die Kindheit Jesu überträgt, ist historisch sehr umstritten und dient vermutlich als Brücke zum Alten Testament. Auch die Verortung des Exils in Ägypten betont diese Absicht. Denn wie Mose das Volk Gottes aus der Knechtschaft des Pharao in Ägypten geführt hat, so wird auch Josef seine Familie aus Ägypten führen. Ja, richtig: Josef führt in Analogie zu Mose aus Ägypten. Und wie im Alten Testament Mose die Landnahme nicht miterlebt hat, so wird auch Josef die Errettung aus der Knechtschaft der Sünde und des Todes nicht erleben. Im Alten Bund war es Josua (ישוע), der das Gottesvolk in das Land der Verheißung führt. Welch wunderbare Fügung, dass der Messias des Neuen Testamentes, der durch seinen Tod und sein Auferstehen seinem Volk Anteil gibt am Land der Verheißung, denselben Namen trägt: Jesus (ישוע).


Was Josef in dieser kurzen Episode auszeichnet, ist seine Fähigkeit, nicht immer gleich den ersten Impulsen zu folgen, sondern sich zu besinnen. Er gönnt es sich, einmal drüber zu schlafen und nicht nur nach eigenen Erfahrungen zu bewerten, sondern die Erfahrung Gottes, wie sie in der Schrift zu finden ist, in seine Bewertung und Lebensplanung zu integrieren. Vielleicht ist das etwas, was wir uns von ihm abschauen dürfen. Denn ich beobachte, dass die Fähigkeit, Dinge nicht nur oberflächlich wahrzunehmen, sondern ihnen auf den Grund zu gehen, zusehends schwindet angesichts immer schnellerer Entwicklungen und weitreichenderer Möglichkeiten. Oft bleibt kaum Zeit, richtig zuzuhören oder Dinge nach-zu-denken. Oft geht man mit vorgefertigten Denkmustern in ein Gespräch und findet sich nach ersten Sätzen in einer Abwehr- oder Fluchthaltung wieder. Könnte das ein Hinweis darauf sein, dass vielen Menschen ein sicherer Stand fehlt? Ein Fundament, auf das sich Leben und eine Lebenshaltung gründet und das hilft, auch ernsthafte Anfragen zuzulassen? Bei aller Verzweiflung, Wut und Ausweglosigkeit hat Josef sich offenbar sein Fundament bewahrt: den Glauben an einen Gott, der auf krummen Zeilen gerade schreiben kann und der sich selbst festnageln lässt auf seine Zusage zu den Menschen.In der Betrachtung des Heiligen können uns einige Fragen vielleicht zum Nachdenken anregen:


Josef flieht vor Verantwortung oder in Verantwortung:

Wo flüchte ich mich gern in kurzfristige Lösungen, Was habe ich nach einem kurzen Versuch sofort abgebrochen? Wozu fehlt mir das Selbstvertrauen? Wo erlebe ich mich als unentbehrlich? Wo habe ich so viele Zügel in der Hand, dass sie mich zu zerreißen drohen? Welche gebe ich ab?


Josef flieht vor Fremdbestimmung:

In welchen Zusammenhängen entdecke ich den Eigenbrötler in mir, der nur tut was er für gut und richtig hält, ohne Rücksicht auf andere? Wo suche ich mir gern Gleichgesinnte? Welche Verletzung oder mangelnde Ehrerbietung lassen mich in Unzufriedenheit und Zorn passiv oder aggressiv werden?


Josef flieht in den Alltag:

Welches Ziel habe ich mir gesetzt? Oder lebe ich einfach in den Tag hinein und bin abends froh, wenn er ohne größere Komplikationen vergangen ist? Wo stürze ich mich in die Tätigkeit, um mich nicht mit meinen Gefühlen oder Problemen auseinandersetzen zu müssen? Was gibt meinem Leben Sinn?


Flucht und Segen:

Wann stelle ich mich unter Gottes Segen? Wie regelmäßig ist mein Gebet? Kann ich mit Gott auch frei von vorformulierten Texten sprechen? Wann gebe ich ihm Raum, zu antworten? Bin ich bereit, meine Wege zu verlassen und mich auf seine einzulassen? Wer gehört zu meinen Weggefährten? Wen hätte ich gern dabei? Wie komme ich mit ihnen in den Austausch? Auf welches Kreuz in meinem Leben kann ich Jesus festnageln, damit er es tragen und überwinden hilft?

St. Josef - Der Heilige "im Schatten"? eine Predigt von Pfarrer James Irudayaraj

Liebe Schwestern und Brüder!

In dieser Fastenzeit soll es um den Heiligen Josef gehen. Papst Franziskus hat mit seinem Apostolischen Schreiben „Patris corde“ (mit väterlichem Herzen) zum 150. Jahrestag der Erhebung des heiligen Josef zum Schutzpatron der ganzen Kirche am 8. Dezember des vergangenen Jahres die Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt.




Wer Josef wirklich war, wissen wir nicht, historisch ist wenig bewiesen. Aber als Gestalt des Glaubens ist er eine markante Figur, er gehört wie kein anderer zum Auftreten Jesu. Auch die hl. Schrift berichtet nicht viel über Josef und doch spricht das Wenige für sich:
Er war gerecht und tat, was Gott ihm auftrug. Mehr kann man von einem Menschen nicht erwarten! Weil Josef so war, konnte Gott ihm seinen Sohn anvertrauen.




Auch uns hat Gott erwählt und uns einen Auftrag gegeben. Wenn wir mit einem klaren „Ja“ auf diese Berufung antworten, dürfen wir – wie Josef – der Hilfe Gottes immer sicher sein.
Gemessen an seiner Rolle in der Heilsgeschichte wird der hl. Josef – locker ausgedrückt – heute eindeutig „unter Wert verkauft“. Zwar ist der Josefstag am 19. März ein kirchliches Hochfest, aber dadurch, dass es kein gesetzlicher Feiertag ist, findet er nicht viel Aufmerksamkeit.
Als Papst Franziskus daher am 8. Dezember ein Josefs-Jahr ausrief, war die Welt und auch die Kirche eher überrascht.




Mit dem Blick auf den stillen und zurückhaltenden Josef will der Heilige Vater an die vielen „stillen Helden des Alltags“ in dieser Coronakrise erinnern, wie zum Beispiel Pfleger in Krankenhäusern und Altenheimen oder Ehrenamtliche in der Nachbarschaftshilfe, die einfach das ihre Tun, um Menschen zu helfen und beizustehen, ohne das an die große Glocke zu hängen.




Und man fragt sich ja wirklich: Wie ist es eigentlich möglich, dass der hl. Josef auch für so viele Christen eher ein „Schattendasein am Rand“ fristet?
Wir nehmen ihn zwar irgendwie wahr, vielleicht als Nebenfigur in der Krippe, aber verehrt werden doch eher andere Heilige – wie der hl. Antonius von Padua oder der hl. Pater Pio.
Papst Franziskus selbst nennt Josef in seinem Schreiben den "Vater im Schatten".
Was meint er damit?
Wenn Sie ein Kind fragen, was Schatten ist, wird es antworten: eine dunkle Figur.
Wenn Sie einen Lehrer fragen, wird er sagen: Schatten ist blockiertes Licht.
Wenn Sie Maria oder Jesus fragen, würden sie antworten: es ist Josef, der Pflegevater.
Denn in seiner Beziehung zu Jesus war Josef der irdische Schatten des himmlischen Vaters: Er bewachte und beschützte und sorgte sein ganzes Leben lang für ihn.








Der Papst erinnert uns mit seinem Schreiben „Patris Corde“ auch daran, dass sich das kirchliche Lehramt mit keinem Heiligen - außer Maria – mehr und ausführlicher befasst hat. Und dass, obwohl vom hl. Josef kein einziges Wort überliefert ist und wir auch nichts Persönliches über ihn erfahren.




Josef wird in Gottes Auftrag der gesetzliche Vater Jesu. Die besonderen Umstände, dass Maria, seine Verlobte, durch das Wirken des Hl. Geistes ein Kind erwartet, bringen Josef zunächst in Gewissensnöte. Denn er gerät mit der Tora in Konflikt, weil Maria vor der Hochzeit öffentlich sichtbar ein Kind erwartet, das nicht von ihm stammt. Sein Beschluss, Maria deshalb zu verlassen, wird durch das Eingreifen Gottes durchkreuzt. Ein Engel des Herrn sagt ihm im Traum: „Fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist“.
Josef entscheidet sich nach dem Traum, bei Maria zu bleiben. Er entscheidet, dass schlichte Gesetzestreue der falsche Weg ist, er glaubt Gottes Wort und ist barmherzig. Er war berufen zu der großen heilsgeschichtlichen Aufgabe, zu Maria und zu ihrem Kind zu stehen. Josef schenkt der Berufung Gehör und folgt ihr.
Hören und Schweigen – nicht Reden – sind sein Geheimnis. Josef zeichnet die Bereitschaft aus, still zu dienen. Er verlässt Maria nicht, er erklärt Jesus zu seinem Sohn - auch wenn ihm trotz seiner Träume so manches unklar geblieben sein muss.
Was Jesus angeht, so spürt Josef in seiner Sensibilität und durch seinen Glauben sicher schon ganz zu Beginn, dass etwas Besonderes passiert ist. Aber er hält sich zurück, er rennt nicht irgendwann in der Gegend herum und macht allen deutlich, dass er der Vater dieses Wundertäters und Predigers ist, und dass er es ja schon vor der Geburt gewusst habe, dass ”der noch mal was ganz Besonderes werden würde“. Josef bleibt Zeit seines Lebens im Hintergrund des Hauptgeschehens, er unterstützt und schützt.
Die Bibel erwähnt den Zimmermann aus Nazareth irgendwann nach dem Auffinden des zwölfjährigen Jesus im Tempel nicht mehr. Es ist nur eine Vermutung, dass Josef gestorben ist.




Liebe Schwestern und Brüder,
Was können wir von Josef lernen?
Was sagt uns das Leben dieses Heiligen „im Schatten“?




Zum einen können wir uns ein Beispiel an seiner Demut nehmen. Die liebevolle Demut eines Menschen, der im Hintergrund bleiben kann, während Himmel und Welt durcheinandergeraten.
Das ist gar nicht so einfach in einer Zeit, in der alle nach vorne wollen ins Scheinwerferlicht, in egal welche Talkshow. Hauptsache, man wird gefragt. Und auch uns fällt es sicher nicht immer leicht, zu erleben, wie im Betrieb oder im privaten Umfeld andere Lob und Anerkennung einheimsen, während wir in der zweiten Reihe stehen. Wie man uns nicht fragt, wenn es um besondere Aufgaben und Dinge geht, aber sich jederzeit an uns erinnert, wenn es darum geht, jemanden für die ungesehenen Aufgaben im Hintergrund zu finden.




Von Josef hören wir im Neuen Testament keine Klage. Nicht, als er den Befehl bekommt, mit Jesus und Maria nach Ägypten zu fliehen und das all seine Lebenspläne ändert.
Keine Klage aber auch später, als Jesus ihn in der Werkstatt allein lässt, um durch Predigen und Wunderheilungen die Öffentlichkeit zu lehren.
Josef war ein demütiger Mann, der immer für Gott da war, wenn er ihn brauchte. Und der an seinen Platz zurückkehrte, wenn kein Bedarf für ihn ist. Gott segne uns mit dieser Demut eines Josef.
Zum anderen können wir von Josef und seiner Offenheit für Gottes Ruf lernen. Bestimmt war es auch damals zur Zeit Josefs nicht normal, eine göttliche Botschaft durch einen Traum zu erhalten. Josef aber hat offensichtlich zur rechten Zeit hören können – und dann hat er einfach gehandelt, so wie Gott das wollte. Josef, der Hörende und der Bereite, hat Gottes Willen zum Maß seines Lebens gemacht. Er hat sich führen lassen, auch wohin er eigentlich nicht wollte.
Josef hat seine eigenen Träume und Vorstellungen vom Leben nicht an die erste Stelle gesetzt. Er hat sein Leben angepasst, hat getan, was nötig war und wozu er berufen war. Er hat dadurch dem Evangelium den größten Dienst getan: er hat das hilflose Jesuskind vor einer großen Gefahr bewahrt, er hat es großgezogen, war ihm ein lehrreicher Vater, hat ihm das Aufwachsen in einer liebenden Familie geschenkt.
Der Hl. Josef zeigt uns damit ein Beispiel echter Vaterschaft: Kinder brauchen Mütter, aber auch Väter, die Zeit für sie haben, sie lieben, Beschützer und Ernährer sind, Vorbilder im Glauben, verständnisvolle und treue Ehepartner vorleben und die sie behutsam auf das Leben als Erwachsener vorbereiten.
Ich denke, wir brauchen gerade heute solche Vorbilder eines guten Vaters, der für seine Familie da ist und sorgt und sie im Glauben an Gott begleitet. All dies hat Josef von Nazareth vorgelebt.
Wie gut, wenn es auch heute, auch in unserer Kirche und Gesellschaft, solche Menschen gibt wie Josef. Treu und demütig im Hintergrund, aber zuverlässig im Erfüllen von Gottes Willen.
Im Jahr des heiligen Josef sind wir alle eingeladen, in allen Situationen unseres Lebens so mitfühlend, barmherzig und fürsorgend zu sein.
Nicht zu unserem eigenen Vorteil, sondern auch, wenn wir dadurch nichts für uns selbst erhalten. Ein Schatten im Leben eines anderen Menschen zu sein und ungesehene Taten zu tun, ist glaubwürdig und demütig und edel.




Gott segne uns mit solchen Menschen.
Und er segne uns im Lernen von Josef – Sie und mich, uns alle. Lassen Sie uns zu einem Abbild der Barmherzigkeit, des Mitgefühls und der Nächstenliebe Gottes wachsen – wie Josef.
Nehmen wir uns das besonders vor - in dieser Fastenzeit und auch in diesem Jahr des Heiligen Josef.




Bitten wir den irdischen Vater Jesu dafür um seine Hilfe:




Heiliger Josef,
du hattest ein großes, liebendes Herz.
Du hattest offene Ohren, um Gottes Weisungen in deinem Leben wahrzunehmen.
Du hattest bereite Hände, die handelten und keine Arbeit scheuten.
In der Stille und im Gebet lag deine Kraft.
Du Fürsprecher der Kirche, lass uns durch dein Vorbild unseren Weg zu Gott finden! Amen.




Ihnen und euch allen eine gesegnete Karwoche. Passen Sie alle gut auf sich auf!
Gott segne uns und unsere Familien. Amen